Seit nunmehr über fünfzig Jahren übt das erfolgreiche Film- und v. a. Fernsehfranchise STAR TREK eine ungebrochene Faszination auf Fans und Forscher*innen zugleich aus. Anlässlich dieses Jubiläums fand im Wintersemester 2015/16 an der Alpen-Adria-Universität im österreichischen Klagenfurt eine Ringvorlesung statt, im Zuge derer Vorträge aus einer Vielzahl von Disziplinen zusammengestellt wurden. Aus den Arbeitsergebnissen ebendieser Vortragsreihe sowie weiteren Beiträgen speist sich der Band Set Phasers to Teach! STAR TREK in Research and Teaching, der 2018 bei Springer erschienen ist.
Wie der Titel bereits erahnen lässt und die Einleitung bestätigt, möchten die Herausgeber insbesondere das Potenzial STAR TREKs als Mittel der Veranschaulichung bestimmter Konzepte und Phänomene in Forschung und Lehre herausstellen, wobei die betroffenen Forschungsgebiete von Literaturwissenschaft bis Judaistik reichen, von Ethnologie bis zu Computerwissenschaften, und neben Amerikanistik sowie Medienwissenschaft bspw. auch Astrophysik abdecken. Der Aufbau der insgesamt 15 englischsprachigen Aufsätze, von denen sich auffällig viele mit Star Trek: The Original Series (US 1966–69, Idee: Gene Roddenberry) befassen, folgt dabei keinem erkennbaren Ordnungsprinzip. So werden Beiträge aus benachbarten Themengebieten nicht in gemeinsamen Abschnitten zusammengefasst, sondern wechseln einander ohne weitere Unterteilung recht willkürlich ab. Der Anhang des Buches sticht besonders hervor, da er mit über sechzig Seiten recht umfangreich ausfällt und nicht etwa die verwendete Literatur auflistet, sondern vielmehr eine lückenlose Aufführung aller Filme und v. a. der Gesamtheit aller Episoden aus den verschiedenen Serien bis zum Ende der ersten Staffel der neuesten Inkarnation Star Trek: Discovery (US 2017–, Idee: Bryan Fuller und Alex Kurtzman) mit Angaben wie Titel, Autor, Regie und Erstausstrahlung beinhaltet. Man muss sich fragen, ob dieser an sich überflüssige Ballast (schließlich sind die Angaben lediglich aus Wikipedia sowie Memory Alpha – dem umfassenden Fan-Wiki zu STAR TREK – zusammengeschrieben, wie die entsprechenden Quellenangaben wissen lassen) nur in die Veröffentlichung aufgenommen wurde, um diese irgendwie über die Marke von 200 Seiten zu hieven. Eine Bezugnahme auf dieses ausgedehnte Verzeichnis findet in den einzelnen Beiträgen zuvor nämlich nicht statt.
Darüber hinaus fallen die Kapitel selbst teilweise recht kurz aus und erreichen mitunter gerade einmal eine Länge von acht Seiten. Die erste Seite eines jeden Beitrags ist dabei jedoch dem Abstract samt Keywords vorbehalten, während auf der nächsten Seite stets weitere Präliminarien der Herausgeber folgen. Dazu gehört zunächst eine comichafte Zeichnung mit STAR-TREK-Motiv, die man als amüsante Auflockerung empfinden kann oder auch als verzichtbare Albernheit, gefolgt von einleitenden Worten der Herausgeber, die der Einordnung bzw. Einstimmung auf den folgenden Beitrag dienen sollen, allerdings zumeist keinen erkennbaren Mehrwert zum Abstract aufweisen und somit eher etwas redundant wirken. Daran anschließend werden zu guter Letzt noch Zitate aus einer oder mehreren Serien des Star-Trek-Kosmos mit thematischem Bezug zum Gegenstand des folgenden Essays dargeboten, bevor der eigentliche Text beginnt.
Den Auftakt der Sammlung bildet einer der gelungensten Beiträge, der zumindest anzudeuten vermag, welche Art von Aufsätzen ein Band mit dieser Ausrichtung in sich zu vereinen sucht. Elizabeth Baird Hardy zeigt in ihrem Beitrag, wie mittels intertextueller Querverweise, die sich in den verschiedenen Serien immer wieder finden lassen, in obligatorischen Kursen zu Klassikern des anglophonen Literaturkanons auch eher ungeliebte Inhalte zugänglicher gemacht werden können. Schließlich bietet doch STAR TREK einen reichhaltigen Fundus an Zitaten und Anspielungen »to draw students into greater understanding and enjoyment of texts that may seem daunting and dry until they are being recited by Klingons or performed by androids« (7). Daneben gibt Hardy hochschuldidaktische Anregungen zum Einsatz von STAR TREK bei der Vermittlung literaturwissenschaftlicher Grundbegriffe, die, wie in den meisten anderen Didaktiken zu Unterrichtsfächern allgemeinbildender Schulen ebenfalls nicht unüblich, eher anekdotenhaft ausfallen. Diesem Muster folgen gelegentlich noch weitere Beiträge, wenn sie sich denn dem Aspekt der Hochschullehre widmen, womit der Band mitunter den Charakter eines Praxisratgebers für Dozenten erhält.
Nur allzu häufig jedoch findet das titelgebende Thema des Lehrens gar keine Erwähnung. Während etwa Erin K. Horáková in ihrem lesenswerten Aufsatz zwar eine unverbrauchte Lesart sowohl der mit Schauspielern jüdischer Herkunft besetzten Figuren Kirk und Spock als auch bestimmter Episoden der Originalserie vor dem Hintergrund der Jewish Studies anbietet, bleibt ihr nicht weiter ausgeführter Anstoß, deren Ergebnisse zum Anlass für Diskussionen in Lehrveranstaltungen zu nehmen, der einzige Hinweis auf die übergeordnete Ausrichtung der Veröffentlichung. Anschließend führt Stefan Rabitsch wenig innovativ aus, wie das US-amerikanische Selbstverständnis als eine Nation der Bändiger unendlicher Weiten – zunächst des wilden Westens wie auch schließlich des Weltraums – im ursprünglichen Konzept der Originalserie seinen Niederschlag findet, ohne dabei jedoch auf den selbst gesetzten Rahmen des Unterrichtens einzugehen. Auch Martin Gabriel verzichtet auf jeglichen Rekurs zur angeblichen Absicht des Bandes, wenn er die Macher der verschiedenen Star-Trek-Serien in seiner kleinen aber durchaus interessanten quantitativen Studie zur Namensgebung von Raumschiffen der Sternenflotte eines stark ausgeprägten Anglozentrismus überführt und dies anhand eindeutiger Zahlen klar belegen kann. Als Teil der ursprünglichen Ringvorlesung in Klagenfurt ist der zugrunde liegende Vortrag auch auf YouTube zu finden.1 Als positives Beispiel für ein Essay mit echtem Interesse an hochschuldidaktischen Überlegungen lässt sich Carey Millsap-Spears’ Beitrag anführen, der beschreibt, wie sie in ihrem Literaturkurs anhand ausgewählter Episoden von Star Trek: The Next Generation (US 1987–94, Idee: Gene Roddenberry) das wissenschaftliche Arbeiten zu LGBTQ+-Fragestellungen vermittelt, und als einzige Autorin des gesamten Bandes auch auf didaktische bzw. pädagogische Fachliteratur zurückgreift.
Eine andere Tendenz der in dem Buch versammelten Beiträge deutet sich wiederum im Aufsatz von Gerhard Leitner und John N. A. Brown an. Zum einen lassen auch diese beiden Autoren einen erkennbaren Bezug zum Thema Lehre vermissen, zum anderen aber führen sie gewissermaßen ein Prinzip ein, dem auch die nachfolgenden Verfasserinnen und Verfasser treu bleiben, indem sie nämlich einen schlichten Abgleich bestimmter Elemente aus STAR TREK mit der außerfilmischen Welt vornehmen. In ihrem konkreten Fall bedeutet dies eine Gegenüberstellung bereits heute verfügbarer Computertechnologie mit den Wundern der Mensch-Computer-Interaktion, wie sie in der fernen Zukunft des Erzähluniversums um das Raumschiff Enterprise dargestellt werden. Ganz ähnlich zeigt auch Wilfried Elmenreich in seinem Beitrag zu Energiesystemen den Unterschied zwischen der Fiktion der Serien und dem tatsächlichen Stand heutiger Wissenschaft auf, wobei sich die Frage stellt, ob der Aufwand nach Monografien wie The Physics of STAR TREK oder Die STAR TREK Physik: Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und andere galaktische Erkenntnisse wirklich noch gerechtfertigt ist.
Auch Joachim Allgaier kommt im Wesentlichen über einen Verweis auf die Nützlichkeit STAR TREKs bei der Vermittlung von Forschungsergebnissen und neuen Technologien sowie das Zusammentragen von Begebenheiten, bei welchen sich die NASA die Popularität der Serie zunutze macht, um erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, nicht hinaus. Der Artikel stellt somit letztlich nicht mehr als eine interessante Zusammenstellung ohne eigene Ergebnisse dar. Dieses Muster setzt sich sodann auch bei Lukas Esterle fort, der die kybernetische Spezies der Borg zur Demonstration bestimmter Arbeitsgebiete der Computerwissenschaft heranzieht. Die Möglichkeit der Vermittlung des Stoffes mittels seiner Beispiele aus STAR TREK scheint der einzige Punkt zu sein, auf den der Verfasser hinaus möchte. Auch Victor Grech beschränkt sich in seinem Beitrag zu Prinzipien der Krankheitsübertragung darauf, Beispiele von auf Telepathie beruhenden Ansteckungen aus verschiedenen Serienepisoden aufzuführen sowie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu realen Infektionsvorgängen hinzuweisen. Eine weitere Sammlung von Anschauungsmaterial aus dem Star-Trek-Universum zwecks Verdeutlichung fachbezogener Grundsätze findet sich bei Vivian Fumiko Chin und ihrer Einführung gewisser Denkrichtungen der Kognitionswissenschaft, die etwa für die Auseinandersetzung mit Erzähltheorie von Bedeutung sein können, und schließlich auch bei Nathanael Bassett, der sich der hochtechnologischen Sehhilfe des sogenannten Visors annimmt, um mit dessen Hilfe das Wahrnehmungsinstrument Medienwissenschaft, welches beim Erfassen filmischer Texte ebenfalls unterstützend wirkt, in seinen Methoden sowie deren Möglichkeiten und Grenzen zu erläutern.
Sehr viel ergebnisorientierter erscheinen da Matthias Lux und John N. A. Brown, die der Frage nachgehen, warum es noch kein erfolgreiches Videospiel zu STAR TREK gab, obwohl doch das Publikum die nötige Affinität zu dieser Art von Unterhaltungsangeboten aufweisen sollte. Die Autoren entwickeln Kriterien wie etwa bedeutsame Spielentscheidungen, Abstimmung des Anspruchsniveaus, sodass dieses zum Eintauchen in das Spiel einlädt, oder auch eine Hauptfigur mit Identifikationspotenzial, um schließlich in einem kurzen Abriss ein eigenes Spieledesign für ein angeblich erfolgreiches Star-Trek-Computerspiel vorzuschlagen. Damit äußern sich die Autoren zwar auch nicht nennenswert zum Thema Lehre, doch liefern zumindest eigene Ergebnisse am Ende ihres Beitrags. Wie aber der Beitrag von Christian Domening und Rabitsch mit seiner Auflistung von Episoden zur Verdeutlichung zuvor etablierter Kriterien für vormoderne Gesellschaftszustände noch einmal dokumentiert, scheint das eigentliche Ziel der Herausgeber lediglich das Aufzeigen der Möglichkeit zu sein, STAR TREK als Steinbruch für Illustrationen auf verschiedensten Forschungsgebieten zu nutzen. Der letzte Beitrag von Brown jedoch schafft es schließlich sogar, zwar ausgezeichnete Schlüsse über die Beschaffenheit des menschlichen Verstandes zu ziehen, dabei allerdings nicht nur das übergeordnete Thema des Unterrichtens, sondern auch noch STAR TREK weitgehend zu vernachlässigen und auf diese Weise so gut wie gar keinen Bezug mehr zum Titel des Bandes herzustellen.
An Forschungsliteratur zu STAR TREK mangelt es wahrlich nicht, an qualifizierter Lehre im akademischen Umfeld sehr wohl. Die vorwiegend anekdotenhafte Natur der vorgebrachten hochschuldidaktischen Überlegungen ohne jegliche Einbindung von Curricula oder einschlägiger Fachliteratur ist als ein stummer Hinweis auf fehlende Grundlagen eines viel zu häufig vernachlässigten Aufgabengebiets von Universitäten und Hochschulen zu werten. Die notorisch geringe Qualität vieler universitärer Lehrveranstaltungen bestätigt dies nur allzu eindrücklich. Ein Band wie Set Phasers to Teach! könnte zumindest einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Den Beweis, dass STAR TREK als Ausgangspunkt solcher Überlegungen geeignet ist, bleiben die Herausgeber leider schuldig. Sie präsentieren stattdessen ein unausgewogenes Potpourri an Beiträgen, in denen man nur sehr vereinzelt wirklich Neues über STAR TREK erfährt und die den eigenen Ansprüchen in den meisten Fällen nicht gerecht werden können. Sollte der Anspruch lediglich gewesen sein, auf elaborierte Weise mit Star-Trek-Referenzen aufzuwarten, wäre das für eine wissenschaftliche Veröffentlichung zu dürftig. In jedem Fall gilt: phasers are not set to teach!
Notes
- Siehe www.youtube.com/watch?v=fFRLuPjarts. [^]
Autor
Steven F. Wosniack hat in Hamburg, Berlin und Ottawa die Fächer Englisch und Latein studiert und mit seiner Abschlussarbeit über STAR TREK den Master of Education erworben. Sein Forschungsinteresse gilt hauptsächlich der Fernsehserie samt ihrer Geschichte, Genres, narrativen Möglichkeiten, kulturellen Wechselwirkungen und industriellen Praktiken. Hierbei liegt sein Schwerpunkt zumeist auf fantastischen Stoffen mit einer leichten Präferenz für Science-Fiction. Er arbeitet gegenwärtig bei WarnerMedia.
Konkurrierende Interessen
Der Autor hat keine konkurrierenden Interessen zu erklären.
References
Zitierte Werke
Krauss, Lawrence M. The Physics of STAR TREK. Basic Books, 2007.
Tolan, Metin. Die STAR TREK Physik: Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und andere galaktische Erkenntnisse. Piper, 2017.