Wer Roman Güttingers Reich betritt, ist zuerst einmal überwältigt. Güttinger ist Sammler von Filmrequisiten, und seine Sammlung, die zwischen 40‘000 und 60‘000 Objekte umfasst (genauer kann er es nicht beziffern), dürfte eine der größten ihrer Art in Europa sein. Fünf Keller füllen seine Schätze mittlerweile, Lagerräume, die aus allen Nähten zu platzen scheinen. Mannshohe Terminator-Endoskelette stehen hier neben Alien-Eiern, dazwischen Armprothesen aus Oliver Stones 9/11-Film World Trade Center (US 2006), Plutoniumfässer aus dem James-Bond-Film Tomorrow Never Dies (James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie, GB/US 1997, Regie: Roger Spottiswoode) und auf Regalen unzählige Figuren und Monsterfratzen aller Art (Abb. 1a–b).

Abb. 1a–b
Abb. 1a–b

Einige von Roman Güttingers Figuren sowie Güttinger mit einem Originalrequisit aus Tomorrow Never Dies

Güttinger, der in Zürich lebt und dort in einem Filmverleih arbeitet, hat schon immer gesammelt und in mehr als drei Jahrzehnten eine unüberschaubare Menge an Objekten angehäuft. Uneingeweihten präsentiert sich seine Sammlung als wahrer Dschungel oder vielleicht treffender als märchenhafte Schatzhöhle. Liebhaber:innen phantastischer Filme können hier auf Schritt und Tritt Entdeckungen machen; es scheint in der Fülle von Requisiten, Merch, DVDs und Filmplakaten nichts zu geben, das Güttinger nicht besitzt.

Sammeln ist eine Tätigkeit, die von den Fan Studies bisher nur spärlich erforscht wurde, wie Lincon Geraghty in seiner Studie Cult Collectors, einer der wenigen Monografien zum Thema, festhält. Einen möglichen Grund hierfür sieht Geraghty darin, dass Sammeln oft primär als Akt des Konsumierens wahrgenommen wird. Wer Fan-Artikel sammelt – so das Vorurteil – macht wenig mehr, als das Portemonnaie zu zücken. Henry Jenkins beschreibt Fans in seiner gleichnamigen grundlegenden Studie dagegen als »Textual Poachers«, als Wilderer, die sich bestehende Texte aktiv aneignen und entsprechend ihren Bedürfnissen modellieren. Ein zentrales Anliegen von Jenkins und vieler seiner Nachfolger:innen ist es, das Klischee des Fans als stumpfen Konsumenten, der unkritisch alles einverleibt, was ihm die Unterhaltungsindustrie vorsetzt, zu korrigieren und stattdessen die kreativen und selbstermächtigenden Aspekte typischer Fan-Aktivitäten zu betonen. Das Kaufen und Arrangieren von Actionfiguren oder Sammelkarten hat auf den ersten Blick wenig von der kreativen und auch subversiven Qualität, die Jenkins bei Fan-Aktivitäten hervorhebt. Das Schreiben von Fan Fiction, auf das er sich in Textual Poachers konzentriert, aber auch das Herausgeben von Fanzines, das Komponieren von Filk-Songs oder das Anfertigen von Cosplay-Kostümen eignet sich weitaus besser, um sein Anliegen zu illustrieren.

Dennoch erstaunt es, dass sich die Fan Studies nach wie vor so wenig fürs Sammeln interessieren, denn Sammeln – oder vielleicht genauer: eine Sammler-Mentalität – ist, so würde ich argumentieren, essenziell für das Fan-Dasein. Zwar sind nicht alle Fans Sammler:innen (allerdings wohl alle Sammler:innen Fans), aber beide Aktivitäten zeichnen sich durch einen Zug aus, den ich hier vorläufig als Wunsch nach Vollständigkeit bezeichnen möchte. Damit meine ich nicht, dass Sammler:innen zwangsläufig alles, was es zu einem bestimmten Bereich oder Thema gibt, besitzen möchten. Güttinger ist hierfür das beste Beispiel. Anders als Sammler:innen von Raymond-Chandler-Erstausgaben oder von Depeche-Mode-Singles ist er nicht darauf aus, ein definiertes Set von Objekten zu vervollständigen. Seine Sammeltätigkeit ist aber dennoch offensichtlich vom Wunsch getrieben, möglichst viele Dinge zu besitzen, die mit Film zu tun haben.

Der Drang, ein bestimmtes Thema so umfassend wie möglich abzudecken, ist in meinen Augen elementar für das Fan-Dasein, er unterscheidet den Fan vom Nicht-Fan. Dabei muss sich der Wunsch nach Vollständigkeit nicht notwendigerweise auf physische Objekte beziehen; man kann David-Bowie- oder Taylor-Swift-Fan sein, ohne alle Alben der Künstler:innen zu besitzen, und notgedrungen nennen nur die wenigsten Comic-Fans die Erstausgabe von Action Comics, in der Superman seinen ersten Auftritt hat und die mittlerweile für astronomische Summen gehandelt wird, ihr Eigen. Aber worüber man als Fan auf jeden Fall verfügt oder zumindest verfügen will, ist über das Wissen, dass es diese Objekte gibt und warum sie bedeutungsvoll sind.

Nathan Hunt analysiert in einem aufschlussreichen Artikel die Funktion von Trivia innerhalb von Fan-Kulturen. Das in den Augen Außenstehender unnütze Detailwissen – wer spielt den Gorn in der Star-Trek-Folge Arena (Ganz neue Dimensionen, US 1969, Regie: Joseph Pevney), wie ist es möglich, dass Han Solo den Kessel Run in nur 12 Parsecs geschafft hat –, fungiert innerhalb des Fandoms als (sub)kulturelles Kapital und dient damit auch der Hierarchiebildung. Wer den Ursprungstext besser kennt, wer mit anderen Worten mehr Detailwissen angesammelt hat, nimmt im Fandom eine höhere Stellung ein.

Es gibt deutliche Parallelen zwischen der Ökonomie des Fandoms, wie Hunt sie beschreibt, und dem wissenschaftlichen Betrieb. In beiden Feldern dient hochspezialisiertes Fachwissen sowohl dem Ausschluss von Nichteingeweihten wie auch der internen Hierarchisierung, und an beiden Orten wird in komplexen Aushandlungsprozessen festgelegt, welches Wissen als relevant und welche Lesestrategien als legitim gelten. Auch Sammeln ist für beide Bereiche von elementarer Bedeutung, wie Denise Wilde schreibt: »Sammeln ist als unerlässliches Element wissenschaftlicher Praxis zu fassen, da mit ihm materiale Fundstücke und gedanklichen [sic!] Skizzen in systematische Erkenntnisse verwandelt werden und Wissen entwickelt wird« (16).

Was hier ebenfalls deutlich wird, ist, dass die Bewertung von Sammelaktivitäten stark vom Kontext abhängt. Im wissenschaftlichen Zusammenhang ist Sammeln eine akzeptierte, ja notwendige Praxis, und natürlich können auch Museen auf eine lange Tradition zurückblicken, sind exemplarische Träger und Garant bürgerlicher Hochkultur. Dem Sammeln popkultureller Artefakte haftet dagegen noch immer etwas leicht Anrüchiges, Unernsthaftes an, weil hier etwas industriell und aus offensichtlich kommerziellem Interesse Gefertigtes und tausendfach Verfügbares als wertvoll erachtet wird.

Sammeln ist, das betont Wilde, eine »aktive und absichtliche Tätigkeit« (ebd. 38), die, anders als es das Klischee des eigenbrötlerischen und sozial isolierten Fans suggeriert, in aller Regel im Austausch mit anderen Sammler:innen geschieht. In der Fanforschung wird traditionell die soziale Funktion des Fandoms hervorgehoben, das in vielen Darstellungen als Ort erscheint, in dem man in quasi geschützter Umgebung seine ganz persönlichen Vorlieben und Spleens ausleben kann. Im Interview erklärt Güttinger zwar, dass der Austausch mit anderen Fans für ihn keinen besonders hohen Stellenwert habe, doch dies stimmt wohl nur teilweise. Sammler:innen benötigen, wie Wilde schreibt, andere Sammler:innen, um »den Kreislauf des Sammelns – gemeint ist Suchen, Finden, Bewahren und Weitergeben« (ebd. 37) – aufrechtzuerhalten. Wenn Güttinger erzählt, wie er in vordigitalen Zeiten andere Sammler:innen aufspüren musste, um mit ihnen in Austausch zu treten, und wie er allmählich Bekanntheit in der Szene erlangte, illustriert er diesen Aspekt auf treffende Weise.

Worin sich das wissenschaftliche Sammeln, wie Wilde es beschreibt, deutlich vom Sammeln des Fans unterscheidet, ist in der persönlichen Bedeutung. Sammeln heißt immer auch, aus der Fülle möglicher Objekte einen Gegenstand auszuwählen und ihm dadurch einen besonderen Wert zu verleihen. In diesem Akt kommt auch das Individuelle und mitunter Idiosynkratische, das Jenkins so sehr betont, zum Vorschein; Sammeln erscheint aus dieser Perspektive sehr wohl als kreativer und höchst persönlicher Akt.

Für Geragthy, der in seiner Argumentation an Überlegungen von Mieke Bal und Jean Baudrillard anknüpft, ist Sammeln eng mit Nostalgie verknüpft. Überraschend ist das nicht, denn Nostalgie ist einer, wenn nicht sogar der grundlegende Antrieb fannischer Aktivität. Unzählige Fan-Diskussionen kreisen um die Rückkehr zu einem Ursprungszustand respektive die vermeintliche Wiederherstellung desselben – damals, als Game of Thrones (US 2011–2019, Idee: David Benioff und D. B. Weiss) noch sehenswert war, als Elvis noch die Musik spielte, die ihm wirklich etwas bedeutete, als James Bond noch unsterblich war. Adam Roberts bringt es auf den Punkt, wenn er im Zusammenhang mit dem Star-Wars-Film The Force Awakens (Star Wars: Das Erwachen der Macht, US 2015, Regie: J. J. Abrams) hervorhebt, dass die mangelnde Originalität und die Ähnlichkeit mit A New Hope (Krieg der Sterne, US 1977, Regie: George Lucas), dem Beginn des Franchise, von vielen Fans ausdrücklich begrüßt wurde. Was die Fans von The Force Awakens erwarteten, war nicht eine neue Erfahrung, sondern die »Rückkehr zum wahren Star Wars«, das Wiederheraufbeschwören des einst erlebten Gefühls des Verzaubertseins:

They [the Star Wars fans] don’t want anything that deviates so far from the original template. Indeed, I’d go so far as to suggest that they’re not interested in the film as such. They are interested in recapturing a certain feeling they experienced once upon a time when watching another film. (Roberts)1

Abb. 2
Abb. 2

Einige von Güttingers Star-Wars-Figuren

Entscheidend ist wehmütige Erinnerung an einen vergangenen Zustand – als Star Wars eben noch Star Wars war. Im Falle der Sammlung verbindet sich bei diesem»recapturing a certain feeling«, der zeitweiligen Rückkehr in ein vergangenes goldenes Zeitalter, das immer nur in der Erinnerung existiert, die individuelle Biografie mit einer kollektiven Erfahrung. In einer Sammlung wird nie nur die Geschichte des Sammlungsgegenstands erzählt, sondern stets auch die des Sammelnden: »Personal histories become embodied in the collected objects of popular culture, and archives devoted to their preservation are rebuilt through remediation« (Geraghty 4). Es mag widersprüchlich erscheinen, aber auch und gerade in einer Sammlung, die nur aus Merchandise-Artikeln besteht, also dem Inbegriff von kommerzialisiertem und kommodifiziertem Kulturgut, kommt eine individuelle Geschichte zum Ausdruck. »In the collection, then, we see personalised depictions of history – mirrors to the self. Objects therefore embody memories of things past and inform activities and what you do with the collection in the present« (ebd. 18). Auch hierfür ist Güttingers Sammlung der beste Beleg. Er kann von jedem Gegenstand die Geschichte seiner Erstehung abrufen, weiß bei jedem Figürchen, jedem Gadget, wann und wo er es erworben hat, hat zu allem eine Anekdote auf Lager. Tatsächlich scheint er, wenn er durch seine Sammlung führt, oft noch mehr Freude daran zu haben zu erzählen, wie er zu dem Gegenstand gekommen ist, als auszuführen, aus welchem Film dieser stammt. Im Grunde ist das auch nicht sonderlich erstaunlich, denn Letzteres ist allgemein verfügbares Wissen, Ersteres ist seine persönliche Geschichte, die nur er erzählen kann.

ZFF: Roman Güttinger, wie hat Ihre Sammler-Tätigkeit begonnen?

Roman Güttinger: Ich habe eigentlich schon immer gesammelt. Wahrscheinlich habe ich das Sammel-Gen von meinem Vater geerbt, der eine Sammlung mit über 20’000 Schallplatten besaß. Als ich klein war, habe ich Dinge wie Versteinerungen und Vogelnester gesammelt, aber sehr bald war es dann der Film. Schon als Kind sammelte ich VHS-Kassetten und Star-Wars-Figuren und alles, was man sonst so finden konnte.

Ich bin im Kanton Thurgau aufgewachsen, nahe der deutschen Grenze. In der Schweiz konnte man damals in den 1970er-, 1980er-Jahren nirgendwo Merchandise kaufen. Wir sind dann oft mit meinen Eltern nach Konstanz gefahren, wo es einen Hertie gab, der Kenner-Figuren im Angebot hatte. Kenner war ein Spielzeughersteller, der für seine Action-Figuren – unter anderem den Star-Wars-Helden – bekannt war; mittlerweile wurde er von Hasbro übernommen. Ich habe diese damals für acht, neun Mark gekauft. Wenn ich sie nicht ausgepackt hätte, könnte ich sie heute für 4500 bis 5500 Euro verkaufen.

Als ich neun Jahre alt war, hat mir mein Vater dann ein Buch geschenkt: Gigers Alien. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis ich Alien (Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, GB/US 1979, Regie: Ridley Scott) schließlich sah, aber das Buch hat mich völlig umgehauen. Ich wurde ein riesiger Fan von Alien und H. R. Giger, und im Alter von 18 Jahren hatte ich dann das große Privileg, Giger persönlich kennenzulernen. Ich durfte einen Freund begleiten, der Journalist war und einen Interviewtermin mit ihm hatte. Giger und ich haben dann praktisch sofort ein typisches Fan-Gespräch geführt. Mein Freund wurde immer unruhiger, weil er seine Fragen unterbringen wollte, Giger aber lieber mit mir fachsimpelte und deshalb immer abgeschweift ist. So habe ich Giger kennengelernt; zu Beginn war das noch eine sehr hierarchische Beziehung – er als großer Meister und ich als totaler Fanboy. Damals habe ich auch noch jedes Buch über ihn gekauft und jedes Heft, in dem er erwähnt wurde. Doch in den folgenden Jahren ist daraus eine echte Freundschaft entstanden.

Ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich auch meinen ersten Job, verdiente also erstmals richtig Geld. Außerdem hatte mir meine Großmutter zu meinem 18. Geburtstag ein Sparkonto mit zehntausend Franken geschenkt – ich gab alles in nur zwei Monaten aus.

Abb. 3a–b
Abb. 3a–b

Alien-Requisiten (sowie diverse andere Objekte)

ZFF: Stecken Sie noch immer Ihr ganzes Geld in Ihre Sammlung?

Roman Güttinger: Das Meiste, was ich verdiene, geht nach wie vor in meine Sammlung. Ich lebe zwar nicht besonders sparsam und verreise auch gerne, aber ich gebe zum Beispiel kein Geld für ein schnelles Auto oder für teure Kleider aus. Was für andere das Auto ist, ist bei mir eben die Sammlung. Ich habe es mir aber zum Prinzip gemacht, dass ich nur Geld ausgebe, das ich auch besitze. Ich habe mich noch nie verschuldet, um etwas zu ersteigern. Wenn mir ein teures Teil angeboten wird, ich das Geld aber nicht habe, dann kaufe ich es eben nicht. Das ist manchmal schmerzhaft, aber letztlich wohl der bessere Weg.

ZFF: Was an Ihrer Sammlung auffällt, ist wie vielfältig sie ist. Als Besucher:in ist man regelrecht erschlagen, weil es so viele verschiedene Objekte sind und man als Nicht-Expert:in kaum weiß, was nun ein echtes Filmrequisit und was ein Spielzeug ist.

Roman Güttinger: Ich denke, ich unterscheide mich darin von den meisten anderen Sammler:innen. Viele Sammler:innen sind in ihrer Tätigkeit sehr fokussiert und konzentrieren sich zum Beispiel auf bestimmte Filme – nur Alien, nur das Star-Wars-Franchise oder nur The Terminator (Terminator, US 1984, Regie: James Cameron). Andere beschränken sich auf eine bestimmte Art von Objekten; zum Beispiel nur Spielzeug, nur Originalentwürfe oder nur Original-Requisiten, die im Film auch zu sehen sind – man nennt diese »screen used«. Ich dagegen sammle alles. Ich habe zwar gewisse besondere Vorlieben wie eben Alien, aber ich sammle auch zu Star Wars, Gremlins (Gremlins – Kleine Monster, US 1984, Regie: Joe Dante), James-Bond- und Superhelden-Filmen, Blade Runner (Der Blade Runner, US 1982, Regie: Ridley Scott) und noch vieles mehr. Und ich beschränke mich auch nicht auf Original-Requisiten, sondern begeistere mich gleichermaßen für Replikate, Merch, Produktionsskizzen und Storyboards sowie vermeintlich wertlose Dinge wie die Figuren aus Kinder Überraschungen oder Happy Meals. Daneben habe ich noch um die 20‘000 DVDs und Blu-rays, eine Reihe von 35mm-Kopien sowie rund 20‘000 Filmposter.

Es mag vielleicht überheblich klingen, aber ich muss oft still für mich lachen, wenn jemand auf Social Media oder in einem Forum seine spezialisierte Sammlung präsentiert und stolz die Star-Wars-Figürchen oder den Terminator-Merch zur Schau stellt, die er oder sie gesammelt hat. Das sind oft sehr umfangreiche und wirklich schöne Sammlungen, aber wenn ich dann durch die Bilder klicke, merke ich oft, dass ich das alles auch in meiner Sammlung habe. Bei mir fällt es einfach weniger auf, weil ich so viel von allem habe und alles bunt durcheinandergemischt ist.

ZFF: Sie sammeln sehr breit, aber es scheint doch einen größeren thematischen Rahmen zu geben. Fast alles ist im Bereich der Phantastik angesiedelt.

Roman Güttinger: Ich habe auch Dinge, die nichts mit Genrefilmen zu tun haben, etwa die Turnschuhe, die Tom Hanks in Forrest Gump (US 1994, Regie: Robert Zemeckis) trägt, oder Kate Winslets Kleid aus Titanic (US 1997, Regie: James Cameron). Ich bin grundsätzlich sehr cinephil. Aber es stimmt natürlich schon: Meine große Leidenschaft ist der phantastische Film. Science Fiction, Horror, Fantasy und vielleicht noch allgemeiner alles, bei dem Spezialeffekte – und damit meine ich practical effects, die vor der Kamera und nicht im Computer erzeugt werden – eine wichtige Rolle spielen. Was mich begeistert, ist das Entwerfen neuer Welten, die Phantasie und unglaublichen Ideen, die hier sichtbar werden.

ZFF: Die Begeisterung für phantastische Filmwelten ist aber etwas ganz Anderes als die Faszination für ein Requisit oder ein Kostüm. Wie kommt es zu diesem Schritt – dass man sich nicht bloß die Filme anschaut, sondern etwas aus diesen besitzen möchte?

Roman Güttinger: Zu Beginn standen für mich Originalrequisiten im Vordergrund, Dinge, die eben »screen used« sind. Bei diesen geht es primär darum, dass sie aus einem Film stammen, den ich besonders mag. Das gilt auch für ein Objekt wie Winslets Kostüm. Das ist das Kleid, das sie in der ikonischen Szene von Titanic trägt, wenn sie mit DiCaprio vorne am Bug steht. Es ist doch einfach großartig, etwas zu besitzen, das in einer Szene zu sehen ist, die wirklich jeder kennt. Das Gleiche gilt auch für weniger berühmte Stücke. Ich halte etwas in der Hand, von dem ich weiß, dass es in dieser und dieser Szene zu sehen ist. Ich besitze damit einen Teil eines Hollywood-Films, ein Stück Filmgeschichte.

ZFF: Entscheidend ist also der Bezug zum Film?

Roman Güttinger: Der Bezug zum Film ist wichtig, aber ich habe daneben noch viele Dinge, die nicht direkt mit einem bestimmten Film in Verbindung stehen. Beispielsweise Skizzen oder Skulpturen, die nicht im Kontext einer Filmproduktion entstanden sind, sondern etwa als Teil eines Portfolios, das ein Requisitenbauer zusammengestellt hat, um sich bei Filmproduktionen vorzustellen. Die habe ich, weil ich sie einfach cool finde. Letztlich sammle ich schlicht das, was mir gefällt.

Ich werde oft gefragt, ob es ein Stück gibt, das ich mir besonders wünsche, etwas, das mir noch fehlt, und ich habe darauf nie eine brauchbare Antwort. Ich habe keine Liste, die ich abarbeiten muss. Ich gehe eigentlich nie an eine Börse oder zu einem anderen Sammler mit dem festen Plan, einen bestimmten Teil meiner Sammlung zu komplettieren. Die einzige Ausnahme ist wohl das Alien-Franchise. Wenn hier ein neuer Film erscheint, dann bemühe ich mich schon, einen Original-Kopf oder zumindest einen Abguss aus der Original-Abgussform zu kriegen; entsprechend habe ich auch Köpfe in Originalgröße aus allen Alien-Filmen. Aber das ist die Ausnahme. Zu Predator (US 1987, Regie: John McTiernan, Abb. 4) oder Batman muss ich nicht alles haben.

Abb. 4
Abb. 4

Ein Kopf aus Predator

ZFF: Viele Ihrer Objekte sind aber nicht »screen used«.

Roman Güttinger: Im Laufe der Zeit hat bei mir wohl eine gewisse Verschiebung stattgefunden. Leute, die sich nicht mit Filmrequisiten auskennen, sind oft überrascht, wie schlecht, geradezu billig gemacht diese aussehen. Ich habe beispielsweise einen der Original-Lightsaber, die Samuel L. Jackson als Mace Windu in den Star-Wars-Prequels benutzt hat. Der macht optisch überhaupt nichts her. Wenn ein Schauspieler mit einem Lightsaber kämpft oder mit einer futuristischen Pistole in der Hand rumrennt, müssen diese Waffen nicht in allen Details designt sein. Tatsächlich hantieren die Schauspieler:innen beim Dreh die meiste Zeit mit Hartgummi-Abgüssen; diese sind leichter und die Gefahr von Verletzungen ist kleiner. Detailliert gearbeitete Requisiten werden, wenn überhaupt, einzig für Nahaufnahmen hergestellt. Wenn ich den Lightsaber von Jackson mit einem Luxus-Replikat vergleiche, das aus Metall gefertigt ist, leuchtet und Geräusche macht, muss ich gestehen, dass mich Letzteres mehr begeistert. Mittlerweile bin ich an dem Punkt angelangt, wo ich für den Preis eines Originalrequisits lieber drei schön gearbeitete Replikate kaufe.

ZFF: Der Lightsaber wird zum Sammlerobjekt, weil ihn Samuel L. Jackson in der Hand hielt. Originalrequisiten erhalten ihren Wert als Sammelobjekte mit anderen Worten dadurch, dass man ihren Ursprung bestimmen kann, dass sie eine Geschichte haben. Wenn Sie über Ihre Schätze sprechen, fällt auf, dass Sie von jedem Objekt nicht nur die Herkunft kennen, sondern sich stets auch genau erinnern können, wo und wie Sie es erstanden haben. Es gibt neben der gewissermaßen offiziellen Geschichte stets auch Ihre persönliche Geschichte.

Roman Güttinger: Das ist so. Meine Lager sind angefüllt mit Erinnerungen, und zwar im doppelten Sinn. Mit Filmgeschichte und mit meiner persönlichen Geschichte. Ich habe ja in jeden Gegenstand Zeit investiert; zuerst musste ich ihn ausfindig machen, dann mit dem Verkäufer in Kontakt treten, verhandeln und so weiter. In jedem Stück steckt Zeit, und in der Summe repräsentiert meine Sammlung nicht nur ein Stück Filmgeschichte, sondern auch einen substanziellen Teil meines Lebens.

ZFF: Sie sammeln seit über drei Jahrzehnten. Inwiefern hat sich das Sammeln in dieser Zeit verändert?

Roman Güttinger: Das Sammeln ist professioneller geworden, und es ist viel mehr Geld im Umlauf. Als ich mit Sammeln begann, war es Glücksache, ob Requisiten überhaupt erhalten geblieben sind. Wenn ein Film abgedreht war, hat sich niemand mehr dafür interessiert. Bei Alien hat man auf dem Studiogelände eine Grube ausgehoben und einfach alle Requisiten hineingeworfen, weil das billiger kam als reguläres Entsorgen. Props blieben nur erhalten, wenn sie jemand mit nach Hause genommen hat. Als Sammler musste man Kontakt zu den Leuten knüpfen, zum Make-Up-Artist, der zwei Masken aufbewahrt hat, oder zum Production Designer, der sich daran erinnert, dass hinten in der Schublade seines Schreibtisches noch ein paar Entwürfe liegen. Heute ist das ganz anders; da werden die Requisiten nach Abschluss des Drehs sofort verpackt, mit einem Barcode versehen, in die Studios gebracht und dann später an einer Auktion versteigert. Die Preise bewegen sich dann auch schnell in Größenordnungen, die ich mir nicht mehr leisten kann.

Die andere große Änderung ist natürlich das Internet. Als ich begann, erfuhr man über Kleinanzeigen in Fanzines, die man auf Conventions fand, von anderen Fans, die etwas zum Verkauf anboten. Die schrieb man dann an, erkundigte sich, fragte nach Fotos. Einige Wochen später erhielt man analoge Fotografien zugeschickt, man schrieb zurück und machte ein Angebot, und so ging das hin und her. Wenn man sich schließlich einig war, schickte man das Geld in einem eingeschriebenen Brief und hoffte, dass die Gegenseite einen nicht übers Ohr haute – was bei mir zum Glück höchst selten vorkam. Eine einzige Transaktion dauerte so schnell mal ein halbes Jahr. Heute lässt sich das alles mit ein paar Klicks in wenigen Sekunden abwickeln.

ZFF: Ein Fortschritt?

Roman Güttinger: Einerseits ist es schon ein Fortschritt, dass vieles so viel einfacher geworden ist. Aber die analoge Zeit hatte auch etwas Schönes. Man musste die Leute aufspüren, musste sich auskennen und Kontakte knüpfen. In meinem Fall hatte es sich mit der Zeit herumgesprochen, dass es diesen verrückten Schweizer gibt, der Filmrequisiten sammelt. Da erhielt ich dann unerwartet Anrufe, beispielsweise von jemandem, der an Tim Burtons Batman (US/GB 1989) mitgearbeitet hatte und mir vom Original-Oberteil erzählte, das Michael Keaton in dem Film getragen hatte und nun in seiner Garage lag. Sammeln war exklusiver, was es auch interessanter machte. Heute ist es ein Massenphänomen.

ZFF: Hat das Internet das Sammeln demokratisiert?

Roman Güttinger: Im Grunde schon, und das ist an sich eine gute Sache. Ich begrüße es, dass die Studios nicht mehr alles fortwerfen, sondern verstanden haben, dass Requisiten für die Fans Wert besitzen. Ich habe gerade eben einen Game-of-Thrones-Auktionskatalog studiert. Dieser umfasst um die 1200 Seiten und enthält Tausende von Lots, vieles ist doppelt und dreifach aufgeführt. Wenn das Angebot derart groß ist, hat jeder eine Chance, ein Originalkostüm für 2000 Dollar zu ersteigern. Früher, als nur zufällig ein paar Stücke überlebt haben, war das nicht möglich.

ZFF: Sie sehen das nicht als weitere Kommerzialisierung, sondern als Dienst an den Fans?

Ich finde es toll, dass nun fast alle Fans die Chance haben, diese Dinge zu kaufen. In meinen Augen geht es auch darum, die Fans bei der Stange zu halten. Ich liebe das Kino, und ohne Fans können die Kinos nicht überleben. Deshalb ist es wichtig, dass man ihnen etwas bietet. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist freilich, dass die Preise für die richtig guten Stücke förmlich explodiert sind. Das sind Dimensionen, die weit jenseits dessen sind, was ich mir leisten kann. Ich gebe mein Geld fortlaufend aus und spare nicht für dieses eine besonders teure Objekt.

Neben dem Hochpreismarkt, in dem normale Fans nicht mehr mitmischen können, ist dank 3D-Druck auch ein neues Niedrigpreissegment entstanden. Man kann heute für hundert Franken eine Waffe aus Star Wars selber ausdrucken. Das kommt nicht nur günstiger, man spart sich auch Probleme mit dem Zoll, denn die Einfuhr von Waffen, selbst von Phantasiewaffen, ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Manche Fans rümpfen über eine solche selber gedruckte Waffe zwar die Nase, aber wenn man sich das Metall-Replikat für 1500 Dollar nicht leisten kann, ist das doch eine gute Alternative.

ZFF: Ein Aspekt, der in der Forschung zu Fans oft hervorgehoben wird, ist die soziale Komponente. Das Fandom wird oft als eine Art geschützter Raum beschrieben, in dem man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann. Wie wichtig ist der Kontakt mit anderen Fans für Sie? Waren Sie schon früh Teil einer Sammler-Community?

Roman Güttinger: Nein, überhaupt nicht. Ich verstehe mich zwar sehr wohl als Fan, aber eigentlich habe ich immer für mich gesammelt. Ich war auch nie nur Fan. Zum einen habe ich einen Brotjob, der mich sehr fordert, zum anderen war es mir immer wichtig, neben dem Film noch anderen Leidenschaften nachzugehen. Ich bin auch bis heute nicht sonderlich aktiv auf Social Media. Ich habe zwar Facebook- und Instagram-Accounts, bespiele diese aber sehr unregelmäßig. Längere Zeit poste ich gar nichts, dann packt es mich mal wieder und ich poste 60,70 Bilder meiner Sammlung. Da gibt es dann regelmäßig Leute, die sich wundern, wo ich plötzlich herkomme.

Der soziale Aspekt spielt sich bei mir eher im Kleinen ab. Ich habe ein fantastisches Team von sechs, sieben Leuten, die mich bei der Film- und Comicbörse, die ich mitorganisiere,2 und anderen Dingen unterstützen. Die habe ich alle über mein Hobby kennengelernt, und wir haben auch einen gemeinsamen Chat. Aber ich bin nicht wie die Rollenspieler:innen, die sich jede Woche treffen, um ihre Kampagne weiterzuführen, oder die Fans, die ihren regelmäßigen Stammtisch haben und von Convention zu Convention reisen. Obwohl ich hunderte von Kostümen besitze, habe mich auch nie für Cosplay begeistern können.

Abb. 5
Abb. 5

Güttinger besitzt hunderte von Kostümen

ZFF: Das Fachsimpeln unter Fans ist nicht Ihr Ding?

Roman Güttinger: Bis zu einem gewissen Grad natürlich schon. An der Film- und Comicbörse bin ich mehr oder weniger den ganzen Tag am Quasseln. Da kann ich sehr wohl mit einem Gleichgesinnten eine halbe Stunde lang über die Vor- und Nachteile einer bestimmten Alien-Büste diskutieren. Ein Umstand, den all jene, die bloß etwas kaufen wollen, wohl nicht so schätzen. Aber ich bin nicht unbedingt der, der an einer Convention mit Fremden ins Gespräch kommt. Ich gehöre auch nicht zu den Spinnern, die Klingonisch sprechen oder die Baupläne des Millenium Falcon auswendig gelernt haben. – Ich sage ›Spinner‹, meine das aber liebevoll, denn offensichtlich bin ich in den Augen vieler ebenfalls ein Spinner.

ZFF: Lange Diskussionen zum Deckplan der Enterprise oder dem Antrieb des Batmobils interessieren Sie nicht?

Roman Güttinger: Überhaupt nicht. Generell halte ich mich bei Diskussionen in Foren sehr zurück; das ist für mich wie Diskussionen über Religion und Politik, das führt zu nichts und ist mir zu anstrengend. Mir fehlt bei vielen dieser Diskussionen ehrlich gesagt auch oft das Verständnis. Da werden Dinge, die in meinen Augen völlig sinnlos sind, mit unglaublicher Vehemenz diskutiert. In Alien gibt es beispielsweise zu Beginn die Szene mit dem sogenannten Space Jockey, einem früheren Opfer des Xenomorph, auf dessen Überreste, die Crew der Nostromo stößt (Abb. 6). Fans haben die wildesten Theorien entwickelt, wo dieser Space Jockey herkommt, was seine Geschichte sein könnte. Manche nehmen das todernst und streiten erbittert um die angeblich richtige Erklärung. Schließlich hat es sogar Ridley Scott für nötig befunden, dieser Figur mit Prometheus (Prometheus – Dunkle Zeichen, GB/US 2012, Regie: Ridley Scott) und Alien: Covenant (US 2017, Regie: Ridley Scott) eine Art Vorgeschichte zu verpassen. Ich verstehe das schlicht nicht. Ausgangspunkt der Szene ist ein Bild von Giger, der wahrscheinlich selbst gar nicht recht wusste, was er da malte. Für mich geht es um die Stimmung, um den überwältigenden Eindruck, den dieses Bild erzeugt. Das muss nicht erklärt werden. Mir reicht es vollkommen, dass wir dieses geile Bild respektive diese Szene haben, und entsprechend mische ich mich in solche Diskussionen nicht ein.

Abb. 6
Abb. 6

Der Space Jockey aus Alien

ZFF: Seit einiger Zeit hat der Begriff des Worlbuilding Konjunktur und damit die Idee, dass ein Film eine in sich durchdachte und stimmig konstruiert Welt voraussetzt. Sie können dieser Idee wenig abgewinnen?

Roman Güttinger: Das interessiert mich nicht im Geringsten. Ich besitze sehr wohl zahlreiche Originalentwürfe und Baupläne von Raumschiffen und anderen Fahrzeugen; zum Beispiel habe ich den Bauplan des Batmobils aus Burtons Batman. So etwas finde ich faszinierend, aber bei diesen Plänen geht es darum, ein visuell interessantes Objekt zu entwerfen, das innerhalb des Films funktioniert, und nicht um ein tatsächlich fahrtüchtiges Fahrzeug. Wenn man sich den Film genau anschaut, die Szenen im Cockpit und dann das Batmobil von außen, merkt man ohnehin schnell, dass da einiges nicht aufgeht. Das ist beim Millenium Falcon nicht anders und wahrscheinlich bei jedem Raumschiff, das je in einem Film zu sehen war. Für den Dreh wird nie ein komplettes Raumschiff gebaut, und die Frage, wo die Crew isst oder wo die Toiletten untergebracht sind, ist nur relevant, wenn einer dieser Orte im Film vorkommt. Mittlerweile gibt es zwar zu fast jedem Science-Fiction-Film Bücher mit Plänen zu kaufen, in denen all das haarklein erklärt wird, aber das ist reines Merchandising, bei dem sich nachträglich jemand etwas ausgedacht hat. Mit dem eigentlichen Film hat das im Grunde nichts zu tun.

ZFF: Es gibt unterschiedliche Sammlertypen. Für viele Sammler ist Komplettheit ein wichtiger Antrieb, der Wunsch, wirklich alles aus einem bestimmten Bereich zu besitzen. Andere wiederum konzentrieren sich auf besonders erlesene Stücke, die sie dann auch entsprechend präsentieren. Autosammler etwa, die jeden Türgriff und jede Schraube polieren. Sie repräsentieren aber noch einmal einen anderen Typus.

Roman Güttinger: Das ist richtig. Oder vielleicht bin ich eine Mischung aus den beiden Typen. Wie gesagt geht es mir nicht darum, alles zu einem bestimmten Thema zu besitzen, aber ich ähnle dem Komplettisten wohl darin, dass es mir vor allem darum geht, dass die Dinge mir gehören, dass sie in meinem Besitz sind. Ich muss meine Sammlung nicht um mich herum haben, so dass ich mich permanent an ihr zu ergötzen kann. In meiner Wohnung habe ich nur ganz wenige ausgewählte Stücke, vielleicht ein Dutzend, der ganze Rest ist in meinen Lagern untergebracht.

Meine Sammelei mag unfokussiert wirken, aber ich habe dennoch Verständnis für Leute, die viel gezielter sammeln. Es gibt in der Szene leider viel Neid und Missgunst. Gerade deswegen ist es mir wichtig, hier nicht herablassend zu erscheinen. Wenn jemand online seine Sammlung präsentiert, und ich sehe, dass diese zwar nur aus zwanzig Objekten besteht, diese aber wirklich cool sind, dann like ich das und schreibe einen positiven Kommentar dazu; unabhängig davon, ob ich das nun alles auch selbst besitze. Wichtig ist doch, dass da jemand Freude an der Sache hat und mit Herzblut dabei ist. Meine Sammlung scheint zwar etwas anderes zu sagen, aber dennoch: »size does not matter.«

ZFF: Viele Sammler:innen führen genau Buch über ihre Sammlung und haben ein ausgeklügeltes System, wie sie diese organisieren. Das ist bei Ihnen nicht der Fall.

Roman Güttinger: Was viele irritiert und wofür ich auch immer wieder kritisiert werde, ist, wie chaotisch meine Sammlung wirkt. Ich führe in der Tat keine Datenbank oder ein sonstiges Register. Das wurde spätestens dann zu einem Problem, als ich meine Sammlung versichern lassen wollte. Die Versicherung verlangte eine Inventarliste, aber um eine solche zu erstellen, müsste ich ein halbes Jahr frei nehmen.

Man hat mich schon als Messie bezeichnet, und im Grunde stimmt das ja auch – ich horte unglaublich viel Kram. Im Gegensatz zu einem echten Messie herrscht in meinen Lagerräumen aber kein wildes Chaos. Ich weiß von allen meinen Objekten, wo sie stehen. Tatsächlich nehme ich für mich in Anspruch, dass ich meine Sammlung sehr gut lagere. Ich staple nicht wahllos Dinge übereinander, so dass die unteren Objekte zerquetsch werden oder sonst Schaden nehmen. Ich achte zudem auf die richtigen klimatischen Bedingungen. Diesbezüglich habe ich dank des milden Klimas in der Schweiz auch einen gewissen Heimvorteil; hier ist es weder zu heiß noch zu kalt.

Abb. 7
Abb. 7

»Man hat mich schon als Messie bezeichnet.«

ZFF: Haben Sie nicht den Wunsch, ihre Sammlung aufwendiger zu präsentieren?

Roman Güttinger: Ich fände es großartig, wenn ich meine Schätze schön präsentieren könnte – in Vitrinen, mit richtiger Beleuchtung und so weiter. Ich würde meine Objekte auch gerne in thematischen Abteilungen organisieren. Hier alles zu Star Wars, dort Alien und so weiter. Allerdings bräuchte ich 3500 Quadratmeter, um nur schon meine besten Stücke adäquat auszustellen. Ich habe aber bloß 500, also muss ich mit dem arbeiten, was ich habe.

Die Idee eines Museums geistert schon lange herum, und ich habe auch schon mehrfach Versuche in diese Richtung unternommen. Ich muss mir ja auch überlegen, was mit meiner Sammlung geschieht, wenn ich morgen tot umfalle. Am Ende scheitert es aber immer an der Finanzierung. Viele Institutionen und Stellen wären bereit etwas zu geben, aber es bräuchte einen größeren Geldgeber, der den Stein ins Rollen bringt. Ich würde mir sehr wünschen, dass diese Idee mal Realität wird, aber meine Zeit ist nun einmal begrenzt. Ich habe einen Full-time-Job und daneben mein Hobby, und ich bin nicht bereit, Letzteres zu opfern, um die Zeit mit Klinkenputzen zu verbringen.

Notes

  1. Siehe dazu auch meinen Blog-Eintrag »Die Macht der Nostalgie«. [^]
  2. Siehe www.comic-boerse.ch; die nächste Ausgabe der Film- und Comicbörse findet am 8. Dezember 2024 statt. [^]

Autor

PD Dr. Simon Spiegel ist Senior Researcher und Privatdozent am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift für Fantastikforschung und schreibt regelmäßig für diverse Publikationen über Film und verwandte Themen. Ausgewählte Publikationen: Utopias in Nonfiction Film (London: Palgrave 2021), Bilder einer besseren Welt. Die Utopie im nichtfiktionalen Film (Marburg: Schüren 2019), Utopia and Reality. Documentary, Activism and Imagined Worlds (Mitherausgeber, Cardiff: University of Wales Press 2020). Theoretisch phantastisch (Murnau: p.machinery 2010), Die Konstitution des Wunderbaren (Marburg: Schüren 2007).

Konkurrierende Interessen

Simon Spiegel ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Fantastikforschung.

Fimografie

Alien (Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt). Regie: Ridley Scott. GB/US 1979.

Alien: Covenant. Regie: Ridley Scott. US 2017.

Batman. Regie: Tim Burton. US/GB 1989.

Blade Runner (Der Blade Runner). Regie: Ridley Scott. US 1982.

Forrest Gump. Regie: Robert Zemeckis. US 1994.

Game of Thrones. Idee: David Benioff und D. B. Weiss. US 2011–2019.

Gremlins (Gremlins – Kleine Monster). Regie: Joe Dante. US 1984.

Predator. Regie: John McTiernan. US 1987.

Prometheus (Prometheus – Dunkle Zeichen). Regie: Ridley Scott. GB/US 2012.

Star Trek: The Original Series. S01E18: Arena (Raumschiff Enterprise: Ganz neue Dimensionen). Regie: Joseph Pevney. US 1969.

Star Wars: A New Hope (Krieg der Sterne). Regie: George Lucas. US 1977.

Star Wars: The Force Awakens (Star Wars: Das Erwachen der Macht). Regie: J. J. Abrams. US 2015.

The Terminator (Terminator). Regie: James Cameron. US 1984.

Titanic. Regie: James Cameron. US 1997.

Tomorrow Never Dies (James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie). Regie: Roger Spottiswoode. GB/US 1997.

World Trade Center. Regie: Oliver Stone. US 2006.

Zitierte Werke

Geraghty, Lincoln. Cult Collectors. Routledge, 2014.

Giger, Hans Rudolf. Giger’s Alien. Edition Crocodile, 1989.

Hunt, Nathan. »The Importance of Trivia: Ownership, Exclusion and Authority in Science Fiction Fandom«. Defining Cult Movies: The Cultural Politics of Oppositional Taste. Hg. Mark Jancovich et al. Manchester University Press, 2003. 185–201.

Jenkins, Henry. Textual Poachers. Routledge, 1992.

Roberts, Adam. »Star Wars: The Force Awakens«, Pornokitsch, 26. Dez. 2015, www.pornokitsch.com/2015/12/star-wars-the-force-awakens-by-adam-roberts.html.

Spiegel, Simon. »Die Macht der Nostalgie«, Utopia 2016, 30. Dez. 2015, www.utopia2016.ch/die-macht-der-nostalgie.

Wilde, Denise. Dinge sammeln. Annäherungen an eine Kulturtechnik. Transcript, 2015.